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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.07.2004
Aktenzeichen: 12 TG 1820/04
Rechtsgebiete: AsylVfG, AuslG
Vorschriften:
AsylVfG § 73 | |
AuslG § 85 Abs. 1 Nr. 4 | |
AuslG § 87 Abs. 1 Nr. 6 |
2. Eine derartige Aussetzung eines Einbürgerungsverfahrens belastet den Betroffenen jedenfalls dann nicht unzumutbar, wenn die Behörde gleichzeitig - etwa durch die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung für den Fall der Entlassung aus der anderen Staatsangehörigkeit - den Vollzug einer Einbürgerung in der Zwischenzeit ohne Berücksichtigung von § 87 Abs. 1 Nr. 6 AuslG ermöglicht.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Staatsangehörigkeitsrechts
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 12. Senat - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Zysk, Richterin am Hess. VGH Thürmer, Richter am Hess. VGH Dr. Dieterich
am 26. Juli 2004 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 10. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,-- € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Das wörtlich genommene Begehren des Antragstellers, durch einstweilige Anordnung dem Antragsgegner aufzugeben, über den Einbürgerungsantrag vom 18. Januar 2001 unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit zu entscheiden, würde - wie das Verwaltungsgericht insoweit zutreffend entschieden hat - eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache darstellen.
Der Senat legt das Begehren des Antragstellers für das Beschwerdeverfahren jedoch dahin aus, dass es ihm darum geht, vorläufig feststellen zu lassen, der Antragsgegner sei nicht berechtigt, das Einbürgerungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Asylwiderrufsverfahren auszusetzen (siehe S. 2 oben Beschwerdebegründung). Eine derartige vorläufige Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses könnte nach Auffassung des Senats statthaft sein und die Hauptsache nicht unzulässig vorwegnehmen, sondern beschränkt sein auf die Beantwortung der wirklich streitigen Frage, ob der Antragsgegner das Einbürgerungsverfahren aussetzen darf. Für dieses Begehren hat der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, denn es droht ihm bei Aussetzung des Einbürgerungsverfahrens bis zum Abschluss des Asylwiderrufsverfahrens der Verlust der Möglichkeit, seine Einbürgerung unter den erleichterten Voraussetzungen nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 AuslG zu erreichen.
Die Beschwerde kann dennoch keinen Erfolg haben. Dem Antragsteller steht kein Anordnungsanspruch zur Seite. Nach Auffassung des Senats ist die Einbürgerungsbehörde nicht gehalten, ein Einbürgerungsverfahren nach Einleitung eines Asylwiderrufsverfahrens weiterhin unter Anwendung von § 87 Abs. 1 Nr. 6 AuslG zum Abschluss zu bringen und vor der veränderten Sachlage sozusagen die Augen zu verschließen (so auch Bay. VGH, 14.10.2003 - 5 C 03.2024 - juris unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung; VG Hannover, 25.06.2001 - NVwZ-Beilage 2002, 63; a. A. VG Ansbach, 17.10.2001, NVwZ-RR 2002, 604). Insbesondere zwingt § 4 AsylVfG nicht zu einer solchen Verfahrensweise. Diese Vorschrift gebietet es zwar, Entscheidungen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu Art. 16a GG und § 51 Abs. 1 AuslG für nachfolgende behördliche Entscheidungen als verbindlich zugrunde zu legen und wegen der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmitteln gegen eine Widerrufsentscheidung nach § 73 AsylVfG (§ 75 AsylVfG) tritt die Wirkung der Widerrufsentscheidung erst mit Bestandskraft des Widerrufs ein. Die Einbürgerungsbehörde ist aber grundsätzlich nicht daran gehindert, die Anwendung des § 87 Abs. 1 Nr. 6 AuslG bis zur Bestandskraft der Widerrufsentscheidung auszusetzen. Eine Aussetzung belastet den Betroffenen jedenfalls dann nicht unzumutbar, wenn der Vollzug einer Einbürgerung nicht für die gesamte Laufzeit des Widerrufsverfahrens unmöglich gemacht wird, sondern die Möglichkeit besteht, eine Einbürgerung in der Zwischenzeit auch ohne Berücksichtigung von § 87 Abs. 1 Nr. 6 AuslG zu erreichen. So liegt es hier. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller eine Einbürgerungszusicherung angeboten, mit der er den Verlust seiner serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit herbeiführen kann, um danach die Einbürgerung zu vollziehen (§ 85 Abs. 1 Nr. 4 AuslG). Sollte die Entlassung aus seiner seitherigen Staatsangehörigkeit - wie der Antragsteller im Ansatz in der Beschwerdebegründung geltend macht - auf unzumutbare Schwierigkeiten stoßen, hätte die Einbürgerungsbehörde eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 AuslG zu prüfen und der Antragsteller könnte bei Vorliegen dieser Voraussetzungen dann doch unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert werden.
Die Entscheidung über die Kosten und den Streitwert des Beschwerdeverfahrens ergeben sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG a. F.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a. F.).
Ende der Entscheidung
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